[Erich Mielke:]Nun Genossen zum Besuch des Genossen Erich Honecker in der BRD, Befehl Nummero zwölf, zur Aktion Dialog, 87.
Wie bekannt wird der Generalsekretär des ZK der SED und Vorsitzender des Staatsrates der DDR, Genosse Erich Honecker vom 7. bis 11. September 1987 der Bundesrepublik Deutschland einen offiziellen Besuch abstatten. In meinem Befehl zwölf 87 vom 10.08.87 habe ich alle wesentlichen Aufgaben und Verantwortlichkeiten zur politisch-operativen Sicherung der Vorbereitung und Durchführung des Besuches bestimmt. Bekanntlich war dem bereits mein Schreiben vom 3. Juli 87 vorausgegangen. Das war ein bisschen anonym be-gehalten hatten. Das auf wesentliche Erfordernisse zur Sicherung einer derartigen Reise orientierte. Ich war davon überzeugt, dass ihr das auch so versteht, auch wenn wir weiter nichts gesagt haben im Schreiben.
Die Partei- und Staatsführung und der Generalsekretär persönlich erwarten von unserem Ministerium einen maximalen Beitrag um diesen Besuch zuverlässig zu sichern und die mit ihm verfolgten politischen Ziele zu einem vollen Erfolg werden zu lassen. Ich habe Genossen Erich Honecker anlässlich unserer Geburtstagsgratulation versichert, dass sein Staatsbesuch in der BRD für uns gegenwärtig die wichtigste, Haupt die Hauptaufgabe ist. Dementsprechend gilt es überall zu handeln. Der Besuch des Genossen Erich Honecker in der BRD ist ein außenpolitischer Schritt in Verwirklichung der Beschlüsse des 11. Parteitages und der abgestimmten Friedensstrategie der Ländner der sozialistischen Staatengemeinschaft. Dieses Ereignis ist von herausragender politischer und internationaler Bedeutung. Davon zeugt allein die Tatsache, dass zum ersten Mal der höchste Repräsentant unser marxistisch-leninistischer Partei und des ersten sozialistischen Staates auf deutschen Boden, die kapitalistische BRD besucht und dass er trotz des erbitterten Widerstandes reaktionärster Ultrarechter und revanchistischer Kräfte mit allen diplomatischen Ehren, so wie das bei offiziellen Staatsbesuchen üblich ist, empfangen werden muss. Die DDR verfolgt mit diesem Besuch mit den geplanten offiziellen Gesprächen und Vereinbarungen außerordentlich wichtige Ziele.
Es geht um einen bedeutsamen Beitrag zur Sicherung und weiteren Festigung des Friedens in Europa und in der ganzen Welt. Zur Fortführung und Stärkung des Prozesses der Entspannung, der Verbesserung des politischen Klimas an der Trennlinie zwischen Sozialismus und Imperialismus und um die weitere Zurückdrängung des imperialistischen Konfrontationskurses. Es geht um den Ausbau und die Vertiefung der Zusammenarbeit zwischen souveränen Staaten unterschiedliche Gesellschaftsordnungen, entsprechend den Prinzipien der friedlichen Koexistenz. In dem Mittelpunkt der Gespräche wird Genosse Erich Honecker die Friedensfrage als entscheidenste Frage im Verhältnis zwischen der DDR und der BRD stellen. Unsere Konzeption sieht vor allem vor, darüber zu beraten, wie beide deutsche Staaten durch ihren aktiven Beitrag der Verpflichtung gerecht werden, dass vom deutschen Boden nie wieder Krieg, sondern stets nur Frieden ausgehen darf. Darin sieht unsere Partei den Sinn der Verantwortungsgemeinschaft und der Sicherheitspartnerschaft. Es geht uns darum weiteren Einfluß auf das politische Kräfteverhältnis in der BRD zu nehmen, sie in die Bewegung für Frieden und Abrüstung aktiv einzubinden und zu verpflichten, d. h. vor allem auch sich dafür einzusetzen die amerikanischen Mittelstreckenraketen einschließlich der Pershing 1a ohne wenn und aber zu beseitigen. Die von Bundeskanzler Kohl auf der gestrigen Pressekonferenz abgegebene Erklärung zu den Pershing 1a könnte zwar ein Schritt dazu sein, zu einem annehmbaren Kompromiss zu kommen und damit dieses Hindernis auf dem Weg zur doppelten Nulllösung auszuräumen.
Sie zielt aber offenkundig vor allem darauf ab, der Tatsache entgegen zu wirken, dass die BRD-Haltung das Haupthindernis für eine doppelte Nulllösung ist. Damit ein konstruktiven Eingehen auf die Vorschläge der sozialistischen Länder auszuweichen und die Position der BRD als konstruktiv hers-herauszustellen und die Verantwortung für dieses Problems der Sowjetunion zuzuschieben. Seine Bereitschaftserklärung die Pershing nicht zu modernisieren, sondern abzubauen, ist erneut mit einem ganzen Paket von wenn und aber verbunden. Das dürfen nicht außer Acht lassen Genossen. Ich zähle noch einmal auf:
- wenn in Genf zwischen den USA und der Sowjetunion eine Einigung über die weltweite Beseitigung aller Mittelstreckenflugkörper erreicht wird,
- wenn insbesondere die noch offenen Kontrollfragen in einer für allen betroffenen befriedigenden Weise gelöst werden,
- wenn das Abkommen zwischen den Vertragsparteien ratifiziert und in Kraft gesetz-getreten ist
- wenn die Vertragsparteien den vereinbarten Zeitplan für die Beseitigung ihrer Waffensysteme einhalten und wenn alle sowjetischen und amerikanischen Mittelstreckenflugkörper endgültig beseitigt sind.
Aber das sind noch nicht alle Vorbedingungen Genossen. Im gleichen Atemzuge wird gefordert, dass die Sowjetunion ihre Verbündeten auf die laufende Modernisierung von Raketen mit einer Reichweite unterhalb von fünf Ki, 500 Kilometer verzichten. Also der Raketen, die von der doppelten Nulllösung überhaupt nicht erfasst werden und dass die in vorher Polen, in der CSSR und der DDR stationierten sowjetischen als gu-be-bezeichneten Raketen abgebaut werden. Damit wird mehr oder weniger das Ergebnis der auf Antrag der SPD-Fraktion stattfindenden Sondersitzung des Bundestages bereits vorweg genommen und wird auf die FDP auf eine solche Linie festgelegt.
Wobei sich möchte [unverständlich] gar keine andere Linie hatte bis jetzt, nicht wahr? Ich meine nur zum Schein so geschrieben, weil wir hatten auch immer diese Wenn, wenn wenn wenn hatten sie. Ich habe zwar schon mal eine Erklärung abgeben aber, aber trotzdem ist das so und die. Selbst die bürgerliche Presse greift mächtig Kohl an, Leute, nicht wahr? Könnte man manches sogar Abdrucken bei uns. Taktik die damit verfolgt wird durch seine Erklärung.
Die Erklärung Kohls zielt damit auch darauf ab, einen erneuten öffentlichen Konflikt mit den Koalitionspartner FDP entgegenzuwirken und im Vorfeld der Landtagswahl in Schleswig-Holstein, die Initiativen der SPD und der Grünen in Bezug auf die Pershing 1a in ihrer Wirkung zu begrenzen.
Mit aller Deutlichkeit zeigt sich der Kampf um ein Abkommen über die Beseitigung der Mittelstreckenraketen hält unvermindert an. Inwieweit die gestrige Erklärung von Kohl uns ein Stück näher zu einer eventuellen Lösung führt, ist gegenwärtig noch nicht objektiv einzuschätzen. Angesicht der erneut erhobenen Vorbedingungen ist nach wie vor noch alles offen. Deshalb kommt es darauf an, diese Vorgänge weiter intensiv zu verfolgen und aufzuklären.
Ich habe übrigens in diesem Sinne auch gestern mit dem Generalsekretär unter vier Augen gesprochen, dass alles noch offen ist, weder dass wir sagen können schon, es ist wird zu einem Abkommen kommen oder zu einem Vereinbarung, noch kann ma sagen, es wird nicht kommen. Weil es sind immer natürlich noch Möglichkeiten des Kompromisse für alle drinnen, nicht wahr. Und deshalb spreche ich auch so offen zu euch, hier was.
Mit dem Besuch des Genossen Honecker in der BRD und unseren demonstrativen Betonung eines, seines offiziellen Charakters wird vor aller Welt sich nachdrücklich für jedermann augenscheinlich, die Existenz zweier von einander unabhängiger souveräner deutscher Staaten dokumentiert. Zurückgewiesen wird jedoch revanchistische Konzeption des Offenhaltens der Deutschen Frage, der zwei Staaten in Deutschland. Genosse Honecker wird sehr nachhaltig auf den Inhalt der gemeinsamen Erklärung mit Kohl vom 12. März 1985 verweisen. Wobei es uns darum geht, diese Erklärung zu Unverletztlichkeit der Grenzen, zur Achtung der territorialen Integrität und Souveränität aller Staaten in Europa in ihren gegenwärtigen Grenzen, als eine grundlegende Bedingung für den Frieden nicht nur erneut konkret festzuschreiben, sondern auch die Voraussetzungen für deren Einhaltung, für einen entsprechendes Handeln durch die BRD deutlich herauszuheben.
Deshalb wird Genosse Erich, Genosse Honecker Bundeskanzler Kohl und die anderen Bonner Politiker erneut sehr nachdrücklich mit den Geraer Forderung konfrontieren. Wir sind für normale zwischenstaatliche Beziehungen der DDR und der BRD, auf der Basis des Grundlagenvertrages und seiner weiteren Stärkung. Wir wollen Erreichtes bewahren und ausbauen, und streben natürlich auch für unsere Republik günstige, vorteilhafte ökonomische Vereinbarungen an. Unterzeichnet werden während des Besuches eine Vereinbarung über die weitere Gestaltung der Beziehung auf dem Gebiet des Umweltschutzes, Reichelt/Töpfer. Ein Abkommen über den Informations- und Erfahrungsaustausch auf dem Gebiet des Strahlenschutzes, [unverständlich]/Töpfer. Ein Abkommen über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Wissenschaft und Technik, Weiz und Riesenhuber. Ist schon veröffentlicht worden. Weitere Sachkomplexe zu denen Abhängigkeiten vom Ergebnis des Besuches, weitergehende Verhandlungen angestrebt werden bzw. eventuell entsprechende Maßnahmen vorgesehen sind, betreffen den Bezug und die Lieferung von Elektroenergie aus bzw. nach der BRD ein bzw. von West-Berlin. Auch dort gibt es schon neue Fakten, Tatsachen. Den Ausbau und die Elektrifizierung von Eisenbahntransitstrecken mit dem Ziep der Verkürzung der Fahrtzeiten und der Erhöhung des Reisekomforts. Die Grunderneuerung von Autobahntransitstrecken, weitere Fragen auf den Gebieten des Umweltschutzes, der Entwicklung des Reise- und Besucherverkehrs einschließlich der damit verbundenen ökonomischen Fragen, so beispielsweise bereits vereinbart, dass ab 1. November 87 bis vorerst 31.12.1990 bei Reisen mit der Eisenbahn 50 % Fahrpreisermäßigung für Reisen von Alters- und Invalidenrentnern und bei Reisen in dringenden Familienangelegenheiten nach der BRD in Kraft treten, um den Valutaufwand für die DDR erheblich zu senken. Ein, als ein bestimmtes Äquivalent kommt diese Fahrpreisermäßigung auch BRD-Bürgern mit Familien- und Seniorenpass in die DDR oder nach West-Berlin jedenfalls zugute und wird in gleicher Weise auch Reisenden aus West-Berlin gewährt. Weitere Fragen betreffen die Entwicklung des organisierten Tourismus, das heißt zukünftig auch die Möglichkeit von Touristenreisen in die BRD, analog dem Verfahrensweisen von Touristenreisen in andere nicht sozialistische Staaten, den Post- und Fernmeldeverkehr, den nicht kommerziellen Zahlungsverkehr. Die Offenhaltung der Grenzübergangsstelle Staaken für den Transitverkehr zwischen der BRD und West-Berlin nach dem 31.12.87. Weitere Fragen des Transitverkehrs zwischen der BRD und West-Berlin, Fragen des Luftverkehrs.
Diese Hinweise sind natürlich nur zum persönlichen Information der anwesenden Leiter bestimmt. Sie dürfen auf keinen Fall in die weitere Auswertung einbezogen werden, Genossen.
Welche Ziele verfolgt die BRD-Seite? Unverkennbar ist das Bestreben realistischer Kräfte einen erfolgreichen Verlauf des Besuches zu erreichen, das heißt in den politischen Grundfragen längerfristig frei [unverständlich] voranzukommen. Zugleich zeigt das gesamte Vorfeld des Besuches sehr deutlich - das wurde auch bereits auf der genannten Pressekonferenz von Kohl sichtbar -, dass es der BRD vordergründig geht um die verbale Beteuerung des Friedens- und Abrüstungs- und Entspannungswillens und die Ausklammerung jeglicher Verpflichtung zur aktivem Handeln.
Ich bring das in Verbindung zudem was ich eingangs sagte.
Die Aufrechterhaltung ihrer revanchistischen Position von der, von der offenen Deutschen Frage und die Nutzung des Besuches zur Demonstration sogenannter innerdeutscher Beziehung und gesamtdeutscher Verantwortlichkeit der BRD. Die Weigerung sich hinsichtlich der Geraer Forderung konstruktiv zu bewegen. Die Erzielung solcher bilateralen Vereinbarungen, die möglichst der Konzeption einer einheitlichen deutschen Nation entsprechen, die die DDR zu möglichst weitgehende Maßnahmen veranlassen, gleichzeitig aber die Verantwortung unter Beteiligung der BRD in engen Grenzen halten. Die Durchsetzung von Forderung zu menschlichen Erleichterungen, insbesondere im Reiseverkehr, bei der Familienzummenführung und anderen Bereichen der Kontaktausweitung, äh sowie das Drängen auf volle Einbeziehung West-Berlins in die Regelung BRD-DDR und Versuche die DDR auf die faktische Anerkennung der BRD-Auffassung zum Status von Berlin (West) festzulegen. Das heißt die ständige Ausdehnung der Bindung Westberlins an die BRD. Die Behandlung Westberlins als Land der BRD.
Die unseren Zielen direkt gegenüberstehenden Positionen der BRD machen die ganze politische Kompliziertheit der bevorstehenden Gespräche und der tatsächlich zu erreichenden Ergebnisse sehr deutlich, deutlich. Das widerspiegelt sich auch in den entscheidenden Prozessen zur Vorbereitung dieses Besuches, besonders in den Kommuniqué-Verhandlungen zwischen den Vertretern der DDR und der BRD. Die noch nicht abgeschlossen sind, die morgen weiter geführt werden und nicht vorauszusehen ist, dass ein Abschluss schon kommen morgen.
Die BRD-Seite unternimmt massive Versuche den Grundfragen auszuweichen. Dafür verbale nichts und wenig aussagende Formulierungen vorzuschlagen, die grundsätzlichen Forderungen der DDR auszuklammern, uns dagegen aber damit weitgehende Verpflichtung festzubinden. Mit allen Dingbezügen und allgemeinen Formulierungen bzw. Erklärungen wird vor allem versucht sich konkreten Festlegungen in der Friedens- und Abrüstungsfrage zu entziehen. Dafür soll, wenn's nach der BRD-Seite geht das Machtbare in ihrem Sinne, das ist nicht anderes als die Bestätigung ihrer hinlänglichen bekannten Standpunkte in den Mittelpunkt gestellt werden. Den Grundfragen auszuweichen, das äußert sich zum Beispiel auch in der Weigerung der BRD das Problem der Elbegrenze im völkerrechtlichen Sinne zu lösen. Dagegen soll die DDR darauf festgelegt werden, ohne Regelung der Elbegrenze der BRD hinsichtlich der Elbebenutzung, im weitesten Maße entgegenzukommen. Auch das mit der BRD mit auf das Machbare konzentrieren.
Die BRD will im Komminiqué auch nur einen allgemeinen Verweis auf die gemeinsame Erklärung vom 12.05.85, ohne den vollen Wortlaut zu wiederholen. Aus revanchistischen Kreisen wird Kohl sogar davor gewarnt, diese Aussagen zu bekräftigen. Ansonsten wäre kein Komminiqué die bessere Lösung. Nach ihren Vorstellungen sollte alles vermieden werden, was die zwei Staaten in Deutschland zu zwei deutschen Staaten werden lassen könnte.
Bezeichnend ist auch die Weigerung Bonns, die politischen, zivilen, ökonomischen, sozialen und kulturellen Menschenrechte in ihrer Einheit und wechselseitigen Bedingtheiten anzuerkennen, sondern sie lediglich auf die persönlichen Freiheiten zu begrenzen. Das aber würde bedeuten, die Schlussakte von Helsinki auszuhöhlen und sie letztlich auf den Korb 3 zu reduzieren.
Genossen, die Beispiele sollen genügen, sie zeigen worum es der BRD geht. Sie unterstreichen aber noch einmal, wie wichtig es für unsere Seite ist, alles in Erfahrung zu bringen über den weiteren Verlauf und den Inhalt der Vorbereitung des Besuches durch die BRD-Regierung. Über Auseinandersetzung in der Regierungskoalition und besonders in den Unionsparteien zum künftigen Kurs der Regierungspartein, über mögliche Differenzen zu Themen, die mit dem Besuch in unmittelbarer Verbindung stehen, Beziehung zur DDR generell, auf einzelnen Gebieten interne Positionen und Haltung zu möglichen Kompromissen in den Gesprächen und im Kommuniqué.
Weiter über die innere Situation der Oppositionsparteien, unter anderem im Hinblick auf die mit Genossen Honecker geplanten Begegnung, - zum Beispiel mögliche Differenzen hinsichtlich Gesprächsthemen, Gesprächsmodalitäten - aber auch über die Haltung der USA, Großbritanniens und Frankreichs zum Besuch und seinen möglichen Resultaten, über die Einflußnahme auf die BRD zur Durchsetzung der grundsätzlichen Nato-Positionen.
Der politischen Zielsetzung mit Bedeutung der offiziellen Besuches tragen auch das Besuchsprogramm bzw. der konkrete Ablaufplan Rechnung.
Es kann jetzt nicht das Anliegen sein, den umfangreichen Ablaufplan zu erläutern. Genossen, die den kennen müssen, haben ihn zur Verfügung. Wesentlicher erscheint aber in konzentrierter Form auf Schwerpunkte hinzuweisen, die das politische Anliegen und auch bestimmte sicherheitspolitische Erfordernisse verdeutlichen.
Die ersten beiden Besuchstagen 7. und 8. September in Bonn werden hauptsächlich geprägt durch mehreren Gesprächen zwischen Genossen Honecker und Bundeskanzler Koch, Bundeskanzleramt. Gespräche mit Bundespräsident Weizäcker, Villa Hammerschmidt und Bundestagspräsident Jenniger in dessen Amtssitz. Gespräch mit dem baden-würg-württembergischen [unverständlich]minister Späth. Darüber hinaus auch Gespräche von Mitgliedern der DDR-Delegation mit jeweiligen Partnern der BRD. Für den 8. September ist im Palais Schaumburg die Unterzeichnung der bereits genannten Dokumente vorgesehen. Am gleichen Tag sind noch Gespräche vorgesehen mit den Vorsitzenden und jeweils weiteren Vertretern der DKP, Herbert Mies. Der Bundestagsfraktion SPD Vogel, CDU/CSU Dregger/Weigel, FDP Mischnick. Die Grünen Schoppe, Hensel und Michalek.
Vorgesehen ist ein kurzes Gespräch mit Gert Bastian und Petra Kelly. Beide sind uns ja hinlänglich bekannt, nicht wahr? An den folgenden Tagen führt Genossen Honecker Gespräche mit den Ministerpräsidenten einiger Bundesländer mit Johannes Rau, Nordrhein-Westfalen am 9. September, Düsseldorf. Bernhard Vogel, Rheinland-Pfalz am 10. September in Trier. Oskar Lafontaine, Saarland am 10. September in Saarbrücken. Franz Josef Strauß, Bayern am 11. September in München.
Aus einer Reihe von Begegnungen und Treffen sind noch besonders hervorzuheben die Begegnungen mit Vertretern der großen und mittelständischen Wirtschaft der BRD, ca. 260 Persönlichkeiten am 9. September in Köln, Haus des deutschen Industrie- und Handelstages. Eine Begegnung mit Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur, ebenfalls am 9. September in Essen Villa Hügel.
Ein Zusammentreffen mit etwa 400 Persönlichkeiten des poltischen und öffentlichen Lebens am 10. September in Neunkirchen Saarland.
Soweit zunächst einige, Hinweise. Vor allem unter sicherheitspolitischen Aspekten muss größte Aufmerksamkeit auf der Besichtigung von Gedenkstätten, besonderen Sehenswürdigkeiten und Stationen der Reisen gelten, wo bestimmt Strecken zu Fuß zurück gelegt werden. Um ein paar Ausgewählte zu nennen:
Besichtigung der Gedenkstätte Friedrich-Engelshaus in Wuppertal
Besichtigung des Karl-Marx-Museums in Trier
Aufenthalt in Wiebelskirchen, Saarland
und einem Besuch des ehemaligen Wohnhauses des Genossen Honecker. Dort wohnt noch seine Schwester und des Friedhofes.
Kranzniederlegung in der KZ-Gedenkstätte Dachau
und anderes mehr.
Es gibt außerdem eine Reihe von Sonderprogrammen für Mitglieder der Delegation für Experten und die Begleitung, besonders Begegnungen mit bestimmten Personenkreisen und Besichtigung von Sehenswürdigkeiten. Nun, ohne darauf näher einzugehen würde, soweit für mich. Bekanntlich sind auch beachtliche Flug- und Wegstrecken zu bewältigen. Beförderungsmittel sind PKW, Hubschrauber der Bundeswehr und Sonderflugzeuge der Bundesluftwaffe.
Aus diesen Hinweisen zu einigen Schwerpunkten aus dem umfassenden Besuchsprogramm dürfte verständlich geworden sein, dass in allen Besuchsorten vor allen im Zusammenhang mit den umfangreichen Bewegungen und eine Reihe von Veranstaltungen und Besichtigungen höchsten Sicherheitserfordernissen Rechnung getragen werden muss.
Unter Beachtung dessen, dass uns bereits jetzt eine größere Anzahl von Hinweisen über Plänen und Absichten gegnerischen organisierten Kräfte, aber auch vieler anderen anonymer und pseudonymer Organisationen, Personen zur Störung des Besuches vorliegt. Darauf komme ich dann noch zu sprechen. Wird die Notwendigkeit der qualifizierten Durchführung aller angewiesener Maßnahmen zur Sicherung des Aufenthaltes des Genossen Erich Honecker und der ihn begleitenden Persönlichkeiten in der BRD deutlich unterstrichen. Auch wenn in Vorbereitung des Besuches bei den zuständigen BRD-Organen die Sicherheitsinteressen der DDR weitgehend durchgesetzt werden konnten. Morgen oder ja morgen wird noch ein weitere Konkretisierung stattfinden, ja, ist so?
[Männliche Stimme:]am Montag
[Erich Mielke:]am Montag, da haben sie völlig, ach am Montag? Also am äh 31. hm.
Bleibt bei uns die entscheidende Verantwortung für die konsequente Gewährleistung der Nahabsicherung, zur Abwendung jeglicher Angriffe gegen den Genossen Erich Honecker und seiner Begleitung. Und da hier von Nahabsicherung ist die Rede ist, möchte ich etwas zusetzen Genossen, das auch die Fernsicherung auch wichtig ist, nicht wahr, weil man natürlich auch von Ferne schießen kann. Und übrigens auch aber sehr ernste Hinweise, vorläufig sind alles Provokationen, provokatorische Briefe. Aber man kann nie wissen, Verrückte kanns auch geben. Es kann auch solche geben, die, die also auch selbst alles einsetzen, nicht wahr und gut, riskieren das eben. Solche Strafen gibt es nicht mehr. Gibts drüben nich, nicht wahr? Also und schießen kann man auch von weitem und deshalb ist auch insbesondere - ein nicht sichtbar also nicht erkennbares Observationsfeld zu erarbeiten, von unseren verantwortlichen Genossen. Von den Linien, die da alle im Einsatz sind. Und man muss da Spitzen noch untereinander bestrech-besprechen wer was macht besonders. Ich meine das es doch, also besonders jetzt noch heute noch hingekriegt haben alles sehr alarmierend. Unsere Verantwortung ist sehr groß, wir übernehmen sie auch und werden auch alles tun, aber wir sind natürlich dort nicht Herr der des Landes, nicht wahr?
Das heißt also gerade der die Um das Umfeld ist gerade nach meiner Meinung das was am gefährlichsten ist für uns, weil wir da nicht am meisten nicht durchsehen können, nicht wahr? So, das als Ergänzung gleichmals. Von den zuständigen Organen der BRD wird zwar versichert, dass sie rechts- und linksextremistische zur Terror und Gewalt tendierende Kräfte unter Kontrolle haben, aber was von solchen Versicherungen zu halten ist, bedarf sicherlich keines Kommentares, auch wenn wir ihnen nicht unterstellen, Handlung derartiger Kräfte bewußt zu tolerieren. Die von diesen Kräften ausgehende Gefahren bleiben voll bestehen. Davon haben wir bei unseren Maßnahmen auch beim notwendigen Zusammenwirken mit den zuständigen BRD-Organen stets auszugehen. Die haben eine besondere Demokratie, nicht wahr?
Dass sie das direkt offen uns aussprechen, nicht wahr? Also diese besondere Demokratie Genossen, liegt eine unbekannte Größe für uns, eine außerordentliche Gefahr.
Seitens der BRD-Organe wurde, wurden beispielsweise auch Zusicherungen gegeben, an allen Besuchspunkten, an denen Ansammlungen, Bewegungen von Menschen zu erwarten sind, umfangreiche und weiträumig angelegte Sperrmaßnahmen durchzuführen.
Dabei kommt mir der Gedanke, dass se wahrscheinlich, vielleicht die positiven Menschen werden weghalten, nicht wahr? [Zaghaftes Lachen] Sogar, weil sie die Sicherheit garantieren wollen [zaghaftes Lachen], nich?
Und also, unter der Flagge die, die ffhh Personen, die also, die Sicherheit gefährden können, wegzudrängen, wenn denn die anderen also mitgenommen werden, alle. Werden mit abgedrängt, mit abgedrängt, aber das ist eine Sache, die wird sich alles an Ort und Stelle ja zeigen, nicht wahr? Die Genossen müssen darauf eingestellt sein. Die konsequente Einhaltung dieser Zusicherung muss unbedingt gefordert werden. Dabei gilt es jedoch zu beachten, dass die vielfältigen Erfahrungen hinsichtlich des Verhaltens der BR BRD-Organe zeigen das ja nachdrücklich, das sie nicht gewillt sind, gegen provokatorische und hetzerische Aktivitäten hinter sogenannten Bannmeilen und Sperrgitter vorzugehen. Also derartige Kräfte, Taten si[unverständlich] und Handlungen zu hindern, derartige Aktivitäten zu unterbinden und damit eine störungsfreie Durchführung des Besuches zu gewährleisten. Was sich daraus entwickelt kann, ist bei anderen Staatsbesuchen, Veranstaltungen ähnlicher Sachen in der BRD bereits sichtbar geworden. Diese Hinweisen sollen nur nochmal verdeutlichen, Zusicherungen der BRD-Seite sind das Eine, die Realitäten, die tatsächliche Sachlage das Andere. Davon haben wir auszugehen und deshalb meine nachdrückliche Forderung höchste Wachsamkeit walten zu lassen.
Diese Forderung wir vor allem durch die bisher gewonnenen Erkenntnisse über feindliche Pläne, Absicherungen und Maßnahmen zur Störung beziehungsweise Beeinträchtigung des Besuches unterstrichen.
Die haben das auch schriftlich festgehalten und haben ihn auch schriftlich, dass sie gehen, nicht wahr, die Sicherheitsorgane. Einen erheblichen Umfang nimmt die ideologische Vorbereitung, die Erzeugung einer Atmosphäre im Sinne der feindlichen Ziele und Bestrebungen ein. Kennzeichnend sind dafür unter anderem die ständige Verbreitung der bekannten Parolen über Menschenrechtsverletzung, der Forderung nach menschlichen Erleichterungen, nach Freizügigkeit, nach Aufheben des Schießbefehls, nach Beseitigung der Mauer und so weiter. Die verbreiteten Spekulationen über Gesprächsinhalte und über mögliche Ergebnisse der des Besuchs, vor allem darauf abzielend, insbesondere unter der DDR-Bevölkerung übersteigerte Erwartungshaltung hinsichtlich menschlicher Erleichterungen zu suggerieren. In die gleiche Richtung zielen auch Aktivitäten westlicher Korrespondenten mittels Befragung von DDR-Bürgern beziehungsweise sogenannten Umfragen, die führenden Repräsentanten der DDR unter Druck zu setzen.
In aller Deutlichkeit und Offenheit verkündigen Absichten solcher Organisationen wie die internationaler Gesellschaft für Menschenrechte e.V., die sogenannten vertrieben Vertriebenenverbände, der Verband ehemaliger DDR-Bürger, die berüchtigte Arbeitsgemeinschaft 13. August, die Junge Union und andere gegnerischer Kräfte, die sich teilweise auf fingierter Organisationsbezeichnung wie zum Beispiel Union politischer ehemaliger DDR-Gefangener, vor allem aber fingierter Namen, Anschriften und so weiter bedienen. In Veröffentlichungen, Flugblättern, in Aufrufen, Unterschriftenlisten, offenen Briefen und Appellen wird direkt zur Demonstrationen und anderen Störaktionen, einschließlich Mord an allen Aufenthaltsorten aufgerufen und gefordert dafür die Öffentlichkeit der BRD zu mobilisieren. Gezeigt werden soll wörtlich die Empörung der Bevölkerung auf breiter Ebene. Wir müssen in Rechnung stellen, dass diese Aktivitäten zur Vergiftung der Besuchsatmosphäre noch weiter zunehmen werden.
Nach den bisher vorliegenden Erkenntnissen werden von den gegnerischen Organisationen und Kräften, Vorbereitungen für Hetzkundgebung und Provokationen in Bonn, Essen, Düsseldorf, Trier, Saarbrücken, Wiebelskirchen und Neunkirchen sowie München, getroffen. Ich verweise hier noch auf einige wesentliche bisher bekannt gewordene Vorhaben, um die Angriffsrichtung zur Störung und Beeinträchtigung des Besuches noch weiter zu verdeutlichen. Als eine Art Auf takt aktion ist für den Vorabend des Besuches eine für den 6. September eine große Anti-Honecker-Demonstration auf der Bonner Hofgartenwiese geplant. Auf der nach offiziellen Ankündigung Veranstalter gegen die Unterdrückung der Menschenrechte und die Verweigerung des Selbstbestimmungsrechts für alle Deutsche durch das SED-Regime protestiert werden sollen. Die vorhin genannten Feindorganisationen treffen intensive Vorbereitung zur Organisierung von Hetzkundgebung und sogenannten Protestdemonstrationen in Trier, Wiebelskirchen und anderen Besuchsorten, einschließlich der Organisierung des Transportes von Teilnehmern nach diesen Orten, zum Beispiel planen die Westberliner Arbeitsgruppe der IGFM, die Junge Union und die sogenannte Arbeitsgemeinschaft 13. August e.V. im Zusammenwirken mit entsprechenden Kräften aus der BRD groß angelegte, provokatorische Demonstration in Wiebelskirchen und wollen dazu Teilnehmer aus West-Berlin mit Bussen im Transitverkehr durch die BR DDR nach dort befördern. Soweit solche Personen darüber bekannt werden, ist eine strenge Kontrolle und Überwachung zu gewährleisten. Bei Versuchen des Missbrauchs des Transitabkommens, zum Beispiel durch das öffentlichkeitwirksame Anbringen von großflächigen Transparenten, Symbolen und [unverständliche]andeutenden Agitationen provokatorischen Inhalts, ist deren Einreise beziehungsweise Weiterreise konsequent zu unterbinden.
Dagegen kann niemand Einwände erheben.
Umfangreiche Vorbereitungen sind im Gange zur Organisierung von Flugblatt- und Plakataktionen, sowie zur Herstellung von Transparenten, die in den Besuchsorten gezeigt werden sollen. Also mit dem Ziel, eine große Öffentlichkeitwirksamkeit im Sinne der bereits genannten feindlichen Parolen zu erlangen. Die im gleichen Stil sollen dienen der Aufbau von Informationsständen sogenannten Mahnwachen, die Errichtung symbolischer Mauern und ihr demonstrativer Abriss. Die Bekanntgabe des Besuchstermins wurden die Aktivitäten wesentlich verstärkt. Sogenannte Beschwerden aus der BRD, aus West-Berlin, aus anderen Ländern und zuletzt aus der DDR über angebliche Menschenrechtsverletzung in der DDR, sowie Forderung nach Genehmigung der Übersiedlung von DDR-Bürgern nach Aufhebung von Reisesperrmaßnahmen, nach Freilassung politischer Häftlinge, nach Aufhebung des Schießbefehls und anderes mehr, zur organisieren und zusammentragen. Sie sollen dann nach Möglichkeit direkt an die führenden Repräsentanten der DDR angebracht beziehungsweise der Ständigen Vertretung der DDR übergeben werden. Es versteht sich von selbst, dass das alles in demonstrativer Form, begleitet durch umfangreiche Publizierung erfolgen soll. Es ist auch mit vielfältigen Versuchen zu rechnen, die verschiedensten Begegnungen unserer Repräsentanten dazu zu missbrauchen, sowie Begleitpersonen unserer Repräsentanten derartige Materialien zu übergeben.
Besondere Aktivitäten entwickelt dabei die internationale Gesellschaft für Menschenrechte e.V. mit ihrer eigens zu diesem Zweck eingerichteten sogenannten Petitionsstelle, deren Wirkung von gegnerischen Medien breit propagiert wurde. Auch über die Parteien der BRD, eine Reihe von Persönlichkeiten mit denen Genossen Erich Honecker zusammentrifft, laufen derartige Bestrebungen. Zentral wurde entschieden, dass diese Petition das heißt beispielsweise auch die der IGFM bei der Ständigen Vertretung der DDR in Bonn übergeben werden können, was zwischenzeitlich bereits im Gange ist. Also auch hier aus politischen Gründen ein großes Entgegenkommen, eine große Toleranz, natürlich zunächst nur auf die Entgegennahme bezogen. Damit kommt aber auch vieles wieder auf uns zu, was zu überprüfen ist und wozu Entscheidungsvorschläge zu erarbeiten sind.
Besondere Bedeutung ist in schriftlichen und telefonischen Mord- und Gewaltandrohungen gegen Genossen Erich Honecker beizumessen. Größtenteils erfolgten sie anonym, in einer Reihe von Fällen aber auch mit Absendern-Ab-Angaben. Derartige Drohungen haben in jüngste Zeit zugenommen, insbesondere telefonischer Anrufung bei unseren Ständigen Vertretung in Bonn.
Die BRD-Organe werden über diese Androhungen ständig informiert um sie zu veranlassen ihrerseits die erforderlichen Maßnahmen zur weiteren Aufklärung der Täter, zur Verhinderung ihres Wirksamswerdens und zur Organisierung der gesamten Sicherungsmaßnahmen einzuleiten. Das entbindet uns jedoch nicht vor unserer Verantwortung für die weitere Aufklärung derartiger Hinweise und für die Einleitung aller geeigneten Maßnahmen zur Abwendung dieser Gefahren und damit zum zuverlässigen Schutz des Generalsekretärs, durch ihn begleitenden Repräsentanten. An identifizierten Personen, die Mord und andere Gewaltakte androhen, ist unter Einbeziehung aller geeigneten Kräften ermitteln, einschließlich durch entsprechende Forderungen gegenüber den zuständigen BRD-Organen mit dran zu bleiben, um sie möglichst am Wirksamwerden zu hindern beziehungsweise weitere aktuelle Hinweise zur Abwendung der Gefahren zu erhalten. Die Maßnahmen zur Personifizierung der noch unbekannten, der anonymen oder pseudonymen Täter sind konsequent fortzusetzen, ohne das wir natürlich entdeckt werden.
Hat man denn übrigens äh schon wat mit den abgegeben Sachen gemacht oder äh ist das noch alles da unten in der Vertretung?
[Männliche Sprecher:]nein, das ist abgegeben.
[Erich Mielke:]Haben se uns schon abgegeben, ne näh abgegeben haben die hier schon unsere hier schon hoch gegeben oder wie?
[Männlicher Sprecher:] nein
[Erich Mielke:]noch nicht?
[Männlicher Sprecher:]nein
[Erich Mielke:]ist verblieben noch?
[Männlicher Sprecher:]ja
[Erich Mielke:]Das unterstreicht die dringende Notwendigkeit die Aufklärung der feindlichen Pläne, Absichten und Maßnahmen im Operationsgebiet, vor allem der Kräfte vor den mögliche Gewaltandrohung ausgehen können, weiterzuführen. Diese Aufgabe bleibt bis zum Abschlusses des Besuches von vorrangiger Bedeutung. Dazu sind weiter alle operativen Möglichkeiten zielstrebig zu nutzen. Die noch verbleibene Zeit ist auch zu nutzen um unmittelbar vor Ort an den Stellen, an denen die Hetzkundgebung und anderen Provokationen inszeniert werden sollen und in den öffentlichen Handlungsräumen des Besuches weitere für die zuverlässige Sicherung des Besuches bedeutsame Erkenntnisse zu erarbeiten. Dazu sind auch geeignete offizielle Kräfte offizielle Kräfte mit zu nutzen.
Dabei sind die bereits im Befehl Nummero 12/87 Ziffer sechs erhobene Forderung, hinsichtlich der Arbeit im und nach dem Operationsgebiet strikt einzuhalten. Der Einsatz von inoffiziellen Kräften ist in jedem einzelnen Fall gewissenhaft zu prüfen und zu entscheiden. Unsichere IM, das heißt unsicher hinsichtlich der Beherrschung der für die Lösung einer solchen Aufgabe erforderlichen Mittel und Methoden, sowie unsicher hinsichtlich ihrer Zuverlässigkeit sind auf keinen Fall einzusetzen. Ich wiederhole, es ist nichts zu unternehmen, was zu Gefahren bei der Lösung der Aufgaben und für die Arbeit insgesamt führen könnte. Bei all diesen Überlegungen ist in Rechnung zu stellen, dass der Gegner gerade an den genannten Punkten und unter den genannten Kräften ebenfalls verstärkt observieren wird und nicht zuletzt auch darum um eventuell von uns gedeckt zum Einsatz kommenden Kräfte zu enttarnen. Wir dürfen den Gegner nicht ins Messer laufen. Bei der weiteren Aufklärungstätigkeit müssen auch solche Organisationen und Kräfte beachtet werden, zu denen Besuch äh Zusammenhang mit dem Besuch bisher noch keine Hinweise vorliegen, die aber von ihren Charakter, von ihren bisherigen Aktivitäten her, zum Beispiel bestimmte rechts- und linksextremistische Gruppen und Personen durchaus mit zu den potentiellen Kräften für Störaktionen zu rechnen sind. Zum Einsatz kommenden inoffizielle Kräfte sind zu befähigen im Interesse der Abwendung akuter Gefahrensituationen schnell und selbstständig zu handeln.
Zur Gewährleistung der Sicherheit unserer Delegation sind auch alle anderen dazu in meinem Befehl und in den Maßnahmenplänen von Diensteinheiten konkret gestellten Aufgaben mit aller Konsequenz zu realisieren.
Genossen zum Zusammenwirken gegnerischer Kräften mit feindlich-negativer Kräften im Innern der DDR.
Vorliegende Hinweise zeigen, dass im Vorfeld der Reise auch die Kontakte zwischen Vertreter politischer Parteien der BRD und anderer gegnerischer Kräfte mit den bekannten Kräften politischer Untergrundtätigkeit, besonders in der Hauptstadt erneut aktiviert wurden.
Eine besondere Rolle spielen dabei wie bisher entsprechende Führungskräfte der Grünen und hinlänglich bekannte Feinde der DDR, Roland Jahn. Beachtenswert ist auch das, dass auch die CDU/CSU stärker an direkten Verbindung zu den Führungskräften politischer Untergrundtätigkeit interessiert ist, wie jüngste Bestrebungen zeigen, dass mehr oder weniger offene Zusammenwirken mit diesen Feinden soll offenkundigen zu einem Bestandteil der Politik des gesamten Vorgehens gegenüber der DDR gemacht werden.
Du musst mal grundsätzlich sehen, Genossen, also nein.
Damit sollen die Existenzen, das Wirken dieser Kräfte weiter gefordert oder legalisiert werden. Soll den fortgesetzten Streben nach legalen Wirkungsmöglichkeiten und nach Durchsetzung der von ihnen hartnäckig erhobene Forderung entsprechend nach Nachdruck verliehen werden. Diese Vorgehensweisen weise ist bekanntlich bereits seit einiger Zeit Bestandteil der Besuchsdiplomatie in anderen sozialistischen Staaten, vor allem der Sowjetunion, VR Polen, CSSR. Wir müssen darauf eingestellt sein, dass das auch bei uns stärker zu praktizieren versucht wird. Die gegenwärtigen Treffen mit feindlich-negativen Kräften in der DDR zielen besonders darauf ab, Inhalte, Argumente für die Gespräche mit Genossen Honecker beziehungsweise geplante Aktivitäten während seines Aufenthaltes in der BRD abzustimmen. Entsprechend der Zielsetzung der BRD soll dabei der sogenannten Menschenrechtsproblematik eine große Bedeutung beigemessen werden.
Die Existenz und das Wirken einer staatlich unabhängigen Friedens- und alternativen Bewegung und Kräften in der DDR. Ihre Ziele und Forderungen werden dabei sicherlich mit eine Rolle spielen und als Beweis herhalten müssen. Ein Ausdruck dessen ist bereits die Veröffentlichung des offenen Briefes der sogenannten Initiative Frieden- und Menschenrechte aus der Hauptstadt, das heißt der Personen um Hirsch, Grimm und Rolle zum 75. Geburtstag des Genossen Erich Honecker. Die dort erhobene Forderung, die sind allen bekannt, einschließlich aller anderen hinlänglich strapazierten Forderungen dieser Kräfte werden mit Sicherheit in den westlichen Medi-Medien weiter hochgespielt werden. Das kann auch bestimmte Wirkung unter anderen politisch negativen und schwankenden Personenkreisen hervorgerufen, kann auch zu den entsprechenden Verhaltensweisen und Handlungen bei anderen Personen der DDR führen. Das gilt es bei der Sicherung des Besuches auch im Innern der DDR unbedingt zu beachten. Zu gewährleisten ist, dass die in dieser Zeit aus den Operationsgebiet einreisenden Kontaktpartner, der uns hinlänglich bekannten Feinde und die feindlich-negativen Kräfte selbst gewissenhaft unter operativer Kontrolle gehalten werden. Die inhaltlich ihrer Absprachen intensiv aufgeklärt und unverzüglich für die zentrale Auswertung übermittelt werden. Bei Vorliegen überprüfter Hinweise über von solchen Personenkreisen beabsichtigte direkte Provokation gegen den Besuch, beziehungsweise im Innern der DDR, ist im Einzelfall auch zu prüfen, ob mit befristeten Reisesperren diese Gefahr abgewandt werden könne, können, [unverständlich] politischen Störung des Besuchs heraufzubeschwören.
Im Interesse der Gewährleistung höchster Stabilität, Sicherheit und Ordnung in allen verantwortlichen Bereichen, ist alle Kraft darauf zu konzentrieren, dass die operative Bearbeitung beziehungsweise Kontrolle erkannter feindlich-negativer Kräfte, insbesondere deren operativen Vorgängen bearbeiteten und der unter OPK-stehenden Personen entsprechend den Festlegungen meines Befehls 12 Strich 87 in hoher Qualität gewährleistet wird. Das gilt vor allem auch für die im Sinne politischer Untergrundtätigkeit wirkenden Kräfte.
Dabei ist in Rechnung zu stellen, dass gegnerische und feindlich-negative Kräfte im Inneren darauf spekulieren, die Schutz- und Sicherheitsorgane während der Phase der Vorbereitung und Durchführung der Reise und im Hinblick auf den Amnestiebeschluss, Zurückhaltung üben. Daraus leiten sie für sich günstigere Wirkungsmöglichkeiten insbesondere für ein öffentlichkeitswirksameres Auftreten, ab. Derartige Überlegungen widerspiegeln sich bereits in solchen Plänen und Absichten beziehungsweise schon realisierten Vorhaben, wie den bereits genannten offenen Brief, der geplanten Provokation Templins anlässlich des morgen stattfindenden Solidaritätsbazars der Berliner Journalisten.
Ist doch morgen, neh?
[Männliche Stimmen:]ja, ja, Freitag.
[Erich Mielke:]Den geplanten Störaktion im Rahmen der Olof-Palme-Friedensmarsches in der DDR. Worauf ich an andere Stelle nochmals eingehe. Hinlinglich bekannte innere Feinde versuchen verstärkt in der Öffentlichkeit eine Diskussion über Fragen der Rechtssicherheit und der Wahrung von Mensch- und Bürgerrechten in der DDR in Gang zu setzen. Darauf zielt auch mit der genannte offene Brief, ab. Das wurde aber auch besonders sichtbar auf dem erst unlängst stattgefundenen sogenannten 6. mobilen Friedensseminar im Bezirk Neubrandenburg.
[Unverständlich] auf einer Zusammenkunft der Mitglieder der Partei die Grünen, Kelly und Bastian mit Inspiratoren politischer Untergrundtätigkeit. Ich spreche deshalb so konkret über solche Vorhaben um jeden Leiter bewusst zu machen, welche Verantwortung das MfS trägt, derartige Aktivitäten rechtzeitig zu erkennen, um Überraschung auszuschließen. Und nicht bloß [unverständlich] außen [unverständlich]
ausschließen innen, sondern sie wirklich auszuschließen. Es gilt genau zu wissen, was diese Kräfte vorhaben, unverzüglich darüber zu informieren mit dem Ziel gemeinsam mit den zuständigen Parteiorganen, die erforderlichen vorbeugenden Maßnahmen zur Verhinderung derartiger Vorhaben festzulegen, einzuleiten und möglichst ohne Aufsehen zu realisieren. Das ist um so notwendiger, da unser Vorgehen keinerlei Anlass geben darf, bei einer Beeinträchtigung der politischen Grundanliegen des Besuches.