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Lageplan des Bunkers

Der Stasi-Bunker am "Waldschlößchen"

In der Nähe der Stadt Crivitz ließ die MfS-Bezirksverwaltung Schwerin einen Bunker errichten. Hier sollte auch unter Spannungs- und Kriegsbedingungen eine "standhafte, ununterbrochene und gedeckte Führung" möglich sein.

Die Angst der Partei- und Staatsführung der DDR vor einem erneuten Aufstand der Bevölkerung und vor militärischen Angriffen führte in den 60er Jahren zur Schaffung eines zentralen Mobilmachungssystems. Es wurde ständig überarbeitet und sollte im "Ernstfall" zum Einsatz kommen.

Ein Bestandteil dieses Systems waren die Bezirkseinsatzleitungen (BEL). Ihnen gehörten die Spitzenvertreter des jeweiligen Bezirks aus Politik und Sicherheitsbehörden an (SED, MfS, Volkspolizei, NVA-Wehrbezirkskommando, Rat des Bezirks, Zivilverteidigung), den Vorsitz hatte der 1. Sekretär der jeweiligen SED-Bezirksleitung inne. Sie unterstanden dem Nationalen Verteidigungsrat und arbeiteten nach dessen Beschlüssen. Mit dem Befehl 1/67 "Inhalt und Ziel der Mobilmachungsarbeit im MfS" verfügte das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) Einzelheiten zur Mobilmachung für seinen Bereich.

Weitere Dokumente regelten den Bau und die Unterhaltung von Ausweichräumen ("operative Ausweichführungsstellen [-punkte] und operative Reserveausweichführungsstellen"). Von 1968 bis in die 80er Jahre wurden unterirdische "Schutzbauten" (Bunker) errichtet. In diesen sollte auch unter Spannungs- und Kriegsbedingungen eine "standhafte, ununterbrochene und gedeckte Führung" möglich sein.

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Für diese Schutzanlagen galt strengste Geheimhaltung. Innerhalb der Staatssicherheit firmierten Planung und Durchführung unter dem Tarnnamen "Filigran".

Bau und Unterhaltung der Bunkeranlagen verschlangen Millionen. Die ehrgeizigen Pläne stießen allerdings an wirtschaftliche Grenzen. So fehlte zum Beispiel der Beton, mit dem die Bunker gebaut wurden, dann beim Wohnungsbau. Schließlich wurde in nachfolgenden Jahren immer mehr an Ausrüstung, Sicherheitsstandards (Dicke der Wände, technische Ausrüstung) und Einrichtung gespart.

In den 80er Jahren stellte das MfS fest, dass etliche geplante Vorhaben zum Bunker-Bau in der DDR nicht realisiert werden konnten. Jetzt sollten in den Dienstgebäuden oder anderen als sicher geltenden Bauten Ausweichführungsstellen eingerichtet werden. Einige Vorhaben wurden abgebrochen, Bunker wurden nicht mehr fertiggestellt. Die vorhandenen wurden in einem "ständigen Zustand der Aufnahmebereitschaft" gehalten. Im Jahr 1988 benötigte die Bezirksverwaltung Schwerin 1.468 Schutzplätze. 360 waren bis dahin fertiggestellt.

Nur wenige Unterlagen enthalten Hinweise auf die Schutzbauten und die Ausweichführungsstellen. Die geheimen Dokumente gab es nur in wenigen Ausfertigungen. Ein großer Teil dieser Unterlagen ist in der Auflösungsphase vernichtet worden.

Die Suche nach dem Schutzbau für die Bezirksverwaltung des MfS in Schwerin führt in die Nähe der kleinen Stadt Crivitz. Wenige Kilometer von Schwerin entfernt, eingebettet in ein Forstgebiet, sind auch die oberirdischen Bauten nicht von der Straße her einzusehen. 1972 wurde mit dem Bau des Bunkers begonnen. Das Verwenden von Betonfertigteilen ermöglichte ein schnelles Verfüllen der Baugrube, so dass selbst die Bevölkerung nahe gelegener Orte nichts von der Bautätigkeit ahnte.

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Das Grundstück befand sich seit 1965 in Rechtsträgerschaft des MfS (fast 2 ha), hinzu kamen 14 ha laut Nutzungsvertrag mit dem Staatlichen Forstbetrieb von 1968.

Die Bauweise des Führungsbunker wird als "Montagebau aus Stahlbetonelementen mit teilweiser Hermetisierung" beschrieben.

Einige Daten:

  • Größe:

    • 1405,8 Quadratmeter (40,05 m x 35,10 m).
  • Ausstattung/Ausrüstung:

    • Tanklager mit 5000 Liter Diesel
    • Filter
    • mehrere Notausstiege
    • Brunnen mit einer Leistung von 6 Kubikmeter/Stunde
    • Reservebehälter mit 3000 Litern Wasser
    • Wasseraufbereitungsanlage mit einer Leistung von 3 Liter/Stunde
    • 4 Notstromaggregate mit zusammen 36 KW

Es gibt Hinweise auf Rekonstruktionsmaßnahmen in den Jahren 1985/86. Erneut floss viel Geld in Bausubstanz, Technik und Ausrüstung.

Hier einige Angaben zu Bewirtschaftungskosten, zu denen bislang Nachweise gefunden wurden:

  • 1983 - 10.000 Mark
  • 1984 - 25.000 Mark
  • 1985 - 35.000 Mark
  • 1987 - 26.000 Mark

Im Januar 1990 wurde das Objekt im Zuge der Auflösung des damaligen Bezirksamtes für Nationale Sicherheit an die NVA übergeben. Einige Tage vorher richtete das "Neue Forum" eine "Mahnwache" ein.

Laut Übergabeprotokoll wurden damals "in funktionsfähigem Zustand mit Inventar und Ausrüstung übernommen:

  • eine geschützte Führungsstelle
  • ein Mehrzweckgebäude
  • ein Wohnhaus
  • ein Dienstgebäude
  • eine Lagerhalle
  • eine Großgarage
  • ein Werkstattbereich
  • eine Schießplatzanlage".

Jetzt gehört die Liegenschaft dem Land Mecklenburg-Vorpommern und wird teilweise durch das Technische Landesmuseum genutzt. Seit 1989 erfolgte keine weitere Nutzung des Bunkers. Strom und Versorgungsleitungen wurden abgeschaltet, so dass eine gefahrlose Begehung nur eingeschränkt möglich ist. Einige Zeit stand das Bauwerk zentimetertief unter Wasser.

 

Lageplan des Bunkers

Fotodokumentation

Aufnahmen vom Frühjahr 2006 zeigen den heutigen Zustand des Bunkers und das dazugehörige Gelände. Der Bunker ist nicht für die Öffentlichkeit zugänglich.

Quellen und weiterführende Literatur

  • BStU, MfS, AGM, Nr. 116, Nr. 247, Nr. 1330, Nr. 1832, Nr. 1838, Nr. 1842
  • BStU, MfS, Liegenschaften, Nr. 1601-1602
  • Best, Stefan: Geheime Bunkeranlagen in der DDR, Stuttgart 2003