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Information über Mitarbeiter der 66. MI und der US ASA in Süddeutschland

Die Stasi in Bayern: Augsburg

In Augsburg hatte die Stasi in den 50er Jahren großes Interesse am Rathaus und der Polizeidirektion. Spitzel berichteten über den Organisationsaufbau und das Innenleben der Institutionen. Spionageaktivitäten der Stasi rund um die U.S.-amerikanischen Kasernen in der Region Augsburg sind ebenso dokumentiert wie die Beobachtung eines Augsburgers, der sich als Fluchthelfer für DDR-Bürger engagierte.

 

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Spitzel in der Stadt: Rathaus und Polizeidirektion im Visier

In den 50er und 60er Jahren setzte die Stasi in Augsburg Geheime Informatoren (GI) ein, die später Inoffizielle Mitarbeiter (IM) genannt wurden. Der GI "Gerd Löffler" beispielsweise lieferte Informationen zur Gebäudestruktur, Organisation und Bewachung des Rathauses Augsburg, außerdem beobachtete er Besucher und Angestellte. Eine weitere Quelle lieferte Details zur Polizeidirektion Augsburg und fertigte Beschreibungen zu einzelnen Polizeirevieren an. Er informierte die Stasi auch über die politischen Einstellungen und Gewohnheiten der Mitarbeiter. Diese Darstellungen sind zum Schutz der Persönlichkeitsrechte der ohne ihr Wissen ausspionierten Personen umfänglich geschwärzt. Ihre Beschreibungen sind zudem sehr subjektiv von der Meinung der Quelle über sie gefärbt.

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Der Bericht von GI "Gerd Löffler" über den Aufbau des Rathauses in Augsburg und dessen Eingänge sowie die Zugangsmöglichkeiten weist auf verschiedene Quellen hin. Die Informationen stammten u.a. aus Gesprächen mit Arbeitskollegen. Ausführlich ging der GI auch auf vier Bars und Lokale in der Stadt ein, in denen auch "prominente Persönlichkeiten" verkehrten.

Eine Quelle berichtete dem MfS 1960 ausführlich über die Struktur der Polizeidirektion Augsburg, über die Organisation der Arbeit und die dort Beschäftigten. Zudem lieferte er Informationen über einzelne Reviere. In einem weiterführenden Bericht nahm er ausführlich Stellung zu den einzelnen Personen, deren Privatleben und politischen Einstellungen.

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U.S.-Amerikanische Nachrichtendienste in Augsburg

In der Konfrontationssituation des "Kalten Krieges" wollten beide Seiten im Detail wissen, wie die jeweils andere Seite militärisch und nachrichtendienstlich aufgestellt war. So gerieten die Standorte der US-amerikanischen Landstreitkräfte und vor allem die Nachrichtendienste des Militärs ins Visier der Stasi. In Augsburg war dies bspw. in den 1970er Jahren die Army Security Agency (ASA), ein Nachrichtendienst der Armee, der bis 1977 existierte und danach INSCOM hieß. Er war für das Abhören und Auffangen von Feindnachrichten zuständig sowie für Verschlüsselungstechnologien (Kryptologie).

Der Leiter der Hauptverwaltung A, der für die Auslandsspionage zuständigen Abteilung der Stasi, Markus Wolf kontaktierte am 27. Oktober 1972 die Hauptabteilung II der Stasi, zuständig für die Spionageabwehr. Er wollte wissen, ob vorliegende Informationen über Mitarbeiter der Militärspionage sowie Angaben über die US-amerikanische Kaserne in Augsburg von Nutzen sein könnten. Dies waren "streng geheime" Informationen, deren Ursprung in den Dokumenten nicht erwähnt wird.

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Der Ausschnitt aus der Korrespondenz zeigt, wie genau die Stasi über die Arbeits- und Lebensverhältnisse der Amerikaner in Augsburg Bescheid wusste. Zum Zeitpunkt des Berichts war das Hauptquartier der ASA (Army Military Agency) für Süddeutschland in der Flakkaserne in der Neusässer Straße. Die Abkürzung "MI" steht für military intelligence, militärische Nachrichtendienste.

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Fluchthelfer aus Augsburg

Ein in Augsburg lebender Mann wurde in den 70er Jahren intensiv von der Stasi beobachtet. Er war Teil einer Gruppe um den West-Berliner Unternehmer und Fluchthelfer Kay Mierendorff, der mehr als 1.000 DDR-Bürger gegen Geldzahlung in den Westen brachte. 1982 schickte die Stasi Mierendorff eine Briefbombe, deren Detonation er schwerverletzt überlebte.

Der 1979 in Augsburg lebende Mann aus dieser Fluchthelferorganisation war im Dezember 1973 in der DDR "auf frischer Tat bei der Durchführung einer Schleusung im Auftrage des Mierendorffs festgenommen" und zu mehreren Jahren Gefängnis verurteilt worden. Nach seiner vorzeitigen Entlassung im Oktober 1978 nach West-Berlin schleuste er weiterhin Menschen von Ost nach West.

Die Stasi beauftragte nun verschiedene Inoffizielle Mitarbeiter mit der Bespitzelung des Mannes. Unter den Spitzeln war ein IM "Jambo", der zur besseren Beobachtung des Mannes die Fluchtvorbereitung einer Familie vortäuschte. Seine Treffen und Telefonate liefen größtenteils in der Augsburger Gaststätte "Kupferdächle" ab.

Ein weiterer IM namens "Thomas West" sollte die Wohnung des Augsburgers auskundschaften. In dem Auszug aus dem "Treffbericht" beschrieb MfS-Hauptmann Straube aus der Hauptabteilung VI (Grenzkontrollen, Reise- und Touristenverkehr), was der Inoffizielle Mitarbeiter mit Feindverbindung ins Operationsgebiet (IMF) "Thomas West" in Augsburg herausgefunden hatte. Per Motorrad war der IMF vom 18. bis 19. September 1979 in Augsburg unterwegs gewesen und hatte im Freien übernachtet, um nicht erkannt zu werden.

Er suchte das Wohnhaus des Fluchthelfers auf, beschrieb eine Antenne auf dem Balkon der vermuteten Wohnung und gab zu Protokoll, welche Menschen in dem Viertel wohnten. Auch schlug er vor, von wo aus der Augsburger zukünftig am besten observiert werden könne. Aufgeschriebene Auto-Kennzeichen und weitere Personen in seinem Umfeld wurden überprüft; die handschriftliche Notiz "SRT negativ" läßt vermuten, dass die Betreffenden bis dato nicht im Informationsspeicher "Sicherung Reise- und Touristenverkehr" (SRT) der Stasi vermerkt waren.

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