In den Strafvollzugsanstalten war Gemeinschaftsunterbringung die Regel. Deshalb reichten wenige Spitzel unter den Gefangenen aus, um alle unter Kontrolle zu halten. Allerdings wäre es zu auffällig gewesen, schriftliche Berichte offen in den Zellen zu verfassen. Aus diesem Grund berichteten die Häftlings-IMInoffizieller Mitarbeiter
Inoffizielle Mitarbeiter waren das wichtigste Instrument des Ministeriums für Staatssicherheit...
meist mündlich. Das war notwendig, weil innerhalb der Haftanstalten eine Atmosphäre des Misstrauens herrschte.
Häftlinge, die mit dem MfSMinisterium für Staatssicherheit
Das Ministerium für Staatssicherheit (umgangssprachlich oft kurz "Stasi") war politische...
zusammenarbeiteten, versprachen sich persönliche Vorteile von einer Kooperation. Meist spekulierten sie auf einen Strafnachlass. Das Anbieten eines solchen "Strafrabatts" war den Mitarbeitern der Staatssicherheit eigentlich per Dienstanweisung verboten. Oft ließen sie diese Vergünstigung in einem Gespräch trotzdem anklingen, um den Kandidaten einen Anreiz zu geben. Tatsächlich wurden diese dann keineswegs alle vorzeitig entlassen. Denn die Staatssicherheit war daran interessiert, einen gut arbeitenden IM so lange wie möglich hinter Gittern zu belassen.
Stasi-Mitarbeiter konnten außerdem Arreststrafen, die Aufseher gegen Gefangene ausgesprochen hatten, wieder aufheben. Anreize lagen außerdem in vergleichsweise bescheidenen materiellen Vorteilen, wie einem Päckchen Tee.
Die Hauptverantwortung für die Überwachung der Gefangenen trugen jedoch die Aufseher der Volkspolizei. Sie nahmen repressive Funktionen im Strafvollzug wahr. Als Spitzel waren sie zudem begehrter als die Häftlinge, weil sie sowohl über die Gefangenen als auch ihre Kollegen berichten konnten und meist zur Zusammenarbeit bereit waren. Sie bewachten und kontrollierten die Häftlinge und ließen sich auch einige Übergriffe zu Schulden kommen.
Hinzu kamen eine Reihe Hauptamtlicher MitarbeiterHauptamtlicher Mitarbeiter
Die hauptamtlichen Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit bildeten die personelle Basis...
des MfS, die in den Haftanstalten arbeiteten. Sie führten vor Ort Gefangene und Aufseher als IM. Psychologisch gut geschult, verstanden sie es, Häftlinge für ihre Zwecke anzuwerben. So boten sie sich als Ansprechpartner an und forderten die Gefangenen bei der Kontaktaufnahme auf, zunächst Aufseher zu denunzieren. Für die Gefangenen war es auch schwer, sich dem Druck der Stasi zu entziehen.
Die Geheimpolizei setzte die "operative Bearbeitung" einzelner Häftlinge auch nach dem Urteilsspruch in den Strafvollzugsanstalten fort. Die Häftlings-IM waren dabei ein unentbehrliches Mittel, um Gerüchte zu streuen oder bestimmte Gefangene gezielt zu diskreditieren.
Das Thema "Inoffizielle Mitarbeiter im DDR-Strafvollzug" thematisierte die Außenstelle Gera in einem Vortrag und einem Gespräch mit dem Wissenschaftlichen Mitarbeiter des Stasi-Unterlagen-Archivs Dr. Tobias Wunschik.