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Ronald Reagan, Präsident der USA, während seiner Rede am Brandenburger Tor

"Mister Gorbachev, tear down this wall!"

1987 feierte Berlin sein 750-jähriges Stadtjubiläum - getrennt in Ost und West. Einer der hochrangigsten Gäste, die auf Einladung West-Berlins die Stadt besuchten, war US-Präsident Ronald Reagan. Am 12. Juni hielt er am Brandenburger Tor eine Rede, in der er sich nicht nur an die West-Berliner wandte, sondern auch an den Generalsekretär der KPdSU Michail Gorbatschow. Seine optimistische Aufforderung im Jahre 1987 hieß, das Tor zu öffnen und die Mauer einzureißen. Eine Botschaft, die vielen damals naiv erschien.

Mitarbeiter der Stasi verfolgten den historischen Moment von einem einzigartigen Punkt aus. Direkt hinter Ronald Reagan, auf dem Brandenburger Tor, saßen Beobachter und fotografierten Reagans Anfahrt, die Menschenmenge auf der Straße des 17. Juni sowie die Rede selbst. Die Stasi saß dabei praktisch hinter den Kulissen dieses genau inszenierten Ereignisses.

Stasi aktiviert Quellen in West-Berlin

Schon vor der Rede, dem Höhepunkt von Reagans Berlin-Besuch, hatte die Geheimpolizei sich bemüht Informationen zum Staatsbesuch zu organisieren. Dafür aktivierte sie zahlreiche Quellen in West-Berlin. Unter anderem wollte die Stasi den Ablauf des Besuches in Erfahrung bringen, um mögliche Menschenaufläufe auf der Ostseite des Brandenburger Tors unter Kontrolle zu bringen. Sie fürchtete außerdem Zwischenfälle an der Mauer.

Am 25. April, sechs Wochen vor dem Eintreffen des amerikanischen Präsidenten, lag der Maßnahmeplan zum Besuch von der "Abteilung Aufklärung" des Grenzkommandos Mitte (GKM) in der Hauptabteilung (HA) I vor. Die HA I war für die Überwachung des Militärs zuständig, einschließlich der Teile der Nationalen Volksarmee (NVA), die für die Sicherung der Grenze zuständig waren, kurz Grenztruppen genannt. Es wurde Inoffizielle Mitarbeiter (IM) und weitere Quellen beauftragt, Informationen zu sammeln, vor allem bei der West-Berliner Polizei, den alliierten Streitkräften und dem Verein ehemaliger DDR-Bürger. Auch kamen etliche Sicherungs-IM (SIM) zum Einsatz.

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Am Tag vor dem Eintreffen des amerikanischen Präsidenten nahm die Abteilung XXII/1 des MfS, die für die Terrorabwehr zuständig war, den Bericht des Inoffiziellen Mitarbeiters mit Feindberührung (IMB) "Feld" entgegen. Er berichtete detailliert von den Vorbereitungen und Einschätzungen des West-Berliner Staatschutzes rund um den Staatsbesuch.

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Ausschreitungen in West und Ost

Im Westteil der Stadt demonstrierten während des Besuchs von Ronald Reagan Zehntausende gegen den US-Präsidenten. Die Berliner Polizei reagierte auf Provokationen der Demonstranten mit Gewalt und die Ost-Berliner Zeitungen griffen das Thema dankbar auf. Mit den Schlagzeilen über die gewalttätigen Ausschreitungen im Westen konnten sie von Unruhen ablenken, die sich in Ost-Berlin unmittelbar im Vorfeld des Reagan-Besuches ereignet hatten.

Eine knappe Woche zuvor hatten zahlreiche Rockstars drei Tage lang auf einer Bühne vor dem Reichstag in West-Berlin gespielt. Das Konzert unmittelbar an der Mauer lockte auch viele Fans in Ost-Berlin. Sie versammelten sich an der Ostseite des Brandenburger Tors, um die Konzerte live hören zu können. Die Veranstalter hatten dafür Lautsprecher gen Osten aufgestellt. Manche Musiker - wie David Bowie - grüßten ihre Fans jenseits der Mauer. Die riefen: "Die Mauer muss weg!" und "Gorbi, Gorbi!".

Staatssicherheit und Polizei griffen hart durch, prügelten und verhafteten die Musik-Fans. Doch jeden Abend kamen mehr, am 8.Juni waren es weit über dreitausend. Westliche Medienvertreter dokumentierten die Versammlungen und wurden dabei selbst verletzt und geprügelt.