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Erich Mielke verabschiedet Markus Wolf aus dem aktiven Dienst. Die beiden Männer reichen sich die Hände. Mielke legt dabei seine linke Hand auf Wolfs Schulter.

Der Aufstieg des Markus Wolf

Am 15. Dezember 1952 wurde Markus Wolf Leiter des außenpolitischen Nachrichtendienstes. Dabei handelte es sich um die Auslandsspionage der DDR, die unter dem Tarnnamen IWF (Institut für wirtschaftswissenschaftliche Forschung) firmierte und unter strenger sowjetischer Aufsicht stand. Wolf begann damit eine der längsten hauptamtlichen Karrieren in einer Führungsposition im Ministerium für Staatssicherheit und seiner Vorläufer.

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Beginn einer langen MfS-Karriere

Im September 1953 wurde das IWF in das Staatssekretariat für Staatssicherheit (SfS) bzw. Ministerium für Staatssicherheit (MfS) eingegliedert. 1956 entwickelte sich daraus die Hauptverwaltung A (HV A), umgangssprachlich auch einfach "Aufklärung". Markus Wolf leitete die HV A bis zu seinem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst im Jahre 1986. Seit seiner Berufung zum Chef der Auslandsspionage war Markus Wolf einer der Stellvertreter des Staatssekretärs und später des Ministers für Staatssicherheit. Als Stellvertreter von Stasi-Chef Ernst Wollweber schrieb Markus Wolf ihm am 31. Januar 1955 einen Brief zu einem Artikel zum fünfjährigen Bestehen der Staatssicherheit, in dem er den wenig populären Tenor und falsche inhaltliche Akzentsetzungen des Artikels kritisiert.

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„(...) und das war eigentlich die Gründungsstunde der Aufklärung unseres Ministeriums für Staatssicherheit.“

Markus Wolf
Rede des Leiters der HV A anlässlich einer Feierstunde zum Gedenken an seinen Vorgänger Richard Stahlmann

Anlässlich einer Feierstunde zum Gedenken an seinen Vorgänger Richard Stahlmann, den stellvertretenden Leiter des IWF, spricht Markus Wolf über die Gründung der HV A und seine ersten Jahre als deren Leiter.

Erich Mielke wurde 1957 zum Nachfolger von Ernst Wollweber als Minister bestimmt. Markus Wolf blieb bis zu seinem Ausscheiden 1986 Mielkes Stellvertreter. Der politische Hauptgegner der SED war die Bundesrepublik mit West-Berlin. Damit war auch für die Stasi-Auslandsspionage das zentrale "Operationsgebiet" vorgegeben. Die Hauptmethode der DDR-Spionage blieb der Einsatz menschlicher Quellen. Die Auslandsspionage-Abteilung der Stasi, die HV A, rekrutierte zahlreiche Bürger der Bundesrepublik als Agenten und schleuste zudem DDR-Bürger mit Spionageauftrag in den Westen. All dies wurde vom Chef der HV A mitgeplant und schlussendlich verantwortet.

„Angesichts der aggressiven Haltung der westdeutschen Imperialisten ist es notwendig, die Arbeit nach dem Westen umzustellen. “

Erich Mielke
Rede des Stasi-Chefs zum 8. Jahrestag des Ministeriums für Staatssicherheit

In seiner Rede zum 8. Jahrestag des Ministeriums für Staatssicherheit geht Minister Erich Mielke unter anderem auf die Auslandsspionage und die Neuausrichtung der Arbeit der Stasi in Westdeutschland ein.

Die HV A und der Fall Guillaume

Der aufsehenerregendste Spionagefall war der des Kanzleramtsspions Günter Guillaume. Seine Enttarnung am 24. April 1974 veranlasste Bundeskanzler Willy Brandt zum Rücktritt. Das Agentenehepaar Guillaume, das 1956 von der HV A aus der DDR in die BRD eingeschleust worden war, wurde zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Beide kehrten nach ihrer Haftentlassung  1981 in die DDR zurück. Mit einem von der Stasi gedrehten Propagandafilm wurden die Biografien von Günter und Christel Guillaume als Lehrbeispiel gelungener Agententätigkeit der HV A verarbeitet.

Aufnahme mehrerer Sitzreihen bei einer Wahlkampfveranstaltung. Vorn sitzt Bundeskanzler Willy Brandt mit verschränkten Armen. Schräg hinter ihm sitzt Günter Guillaume. Er trägt eine schwarze Sonnenbrille.

Stasi-Propagandafilm "Auftrag erfüllt" von 1982

Stasi-Propagandafilm "Auftrag erfüllt" von 1982 über Günter und Christel Guillaume.

In einer Akte der SED-Kreisleitung im MfS findet sich, eine Woche nach der Enttarnung von Guillaume, eine Beurteilung der Parteileitung vom 30. April 1974 über Markus Wolf, die ihm "eine außerordentlich wertvolle Arbeit…" bestätigt, ohne den Fall Guillaume zu erwähnen.

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Offizielle Verabschiedung von Markus Wolf

Markus Wolf wurde im November 1986 aus dem aktiven Dienst entlassen. Sein Stellvertreter Werner Großmann folgte ihm nach. Zu seiner Verabschiedung sprachen der Leiter der KGB-Vertretung in der DDR Wassili Timofejewitsch Schumilow und Stasi-Chef Erich Mielke. Die Reden wurden simultan ins Deutsche bzw. Russische übersetzt. Markus Wolf antwortete mit einer Dankesrede und blickte darin auf 35 Jahre Tätigkeit in der HV A zurück.

 

Erich Mielke verabschiedet Markus Wolf aus dem aktiven Dienst. Die beiden Männer reichen sich die Hände. Mielke legt dabei seine linke Hand auf Wolfs Schulter.

„Seit der ersten Stunde nach der Befreiung Ihrer Heimat haben Sie auch aktiv Teil daran genommen bei dem Aufbau des ersten Arbeiter- und Bauernstaates auf dem deutschen Boden. Mehr als 35 Jahre haben Sie an der Spitze des sehr verantwortungsvollen Kampfabschnittes gestanden. “

Wassili Timofejewitsch Schumilow
Rede des Leiters der KGB-Vertretung in der DDR bei der feierlichen Verabschiedung von Markus Wolf aus dem

Im November 1986 schied der Leiter der HV A, Markus Wolf, nach 35 Jahren offiziell aus dem aktiven Dienst der Stasi aus. Auf der feierlichen Verabschiedung würdigten Redner wie Erich Mielke und der KGB-Generalleutnant Wassili Timofejewitsch Schumilow dessen Tätigkeit.

Auch nach seinem Ausscheiden wachte die Stasi sorgsam darüber, wer sich in den "feindlichen" Diensten für Markus Wolf interessierte.

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Auf der Höhe der Friedlichen Revolution versuchte Markus Wolf sich bei der großen Demonstration gegen das SED-Regime am 4. November 1989 auf dem Berliner Alexanderplatz als Gesicht der Reform zu präsentieren. Dort konnte der ehemalige Spionage-Chef der Stasi im Herbst 1989 keine politischen Mehrheiten gewinnen. Doch gelang es Wolf in den Jahren danach, sich als "Gentleman" der Ost-Spionage medienwirksam zu inszenieren. 1997 wurde er zu zwei Jahren auf Bewährung wegen Freiheitsberaubung verurteilt. Markus Wolf starb am 9. November 2006 in Berlin.