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Mitarbeiterin mit unsortiertem Aktenmaterial im Zentralarchiv der Behörde des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR

Geschichte des Stasi-Unterlagen-Archivs

Das Stasi-Unterlagen-Archiv hat seinen Ursprung in der Friedlichen Revolution von 1989. Damals besetzten mutige Bürgerinnen und Bürger der DDR zunächst die Dienststellen der Stasi, um die Vernichtung von Unterlagen zu stoppen. Sie setzten sich dann dafür ein, die Unterlagen nicht nur zu erhalten, sondern sie auch für eine gesellschaftliche Nutzung zu öffnen.

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Mit dem Tag der Deutschen Einheit, dem 3. Oktober 1990, beginnt auch die Arbeit einer neu geschaffenen Einrichtung, die den Zugang zu den Stasi-Unterlagen, in der Friedlichen Revolution errungen, ermöglichen wird. Der "Sonderbeauftragte der Bundesregierung für die personenbezogenen Unterlagen des ehemaligen Staatssicherheitsdienstes" heißt Joachim Gauck. Gut ein Jahr später beginnt die Behörde des Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen ihre Arbeit.

Die Entstehung

Vom Sonderbeauftragten zum Bundesbeauftragten

Am 3. Oktober 1990, dem Tag der Wiedervereinigung Deutschlands, wurde der Rostocker Pfarrer Joachim Gauck zum "Sonderbeauftragten der Bundesregierung für die personenbezogenen Unterlagen des ehemaligen Staatssicherheitsdienstes" ernannt. Damit fand eine zentrale Forderung der Friedlichen Revolution des Herbstes 1989 eine Verankerung im vereinten Deutschland. Der Zugang zu den Akten der Staatssicherheit der DDR sollte für Bürgerinnen und Bürger möglich sein.

Mit anfänglich 52 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nahm die Behörde des Sonderbeauftragten die Arbeit im Oktober 1990 auf. In der Berliner Zentrale arbeiteten 25 Beschäftigte, 27 in den ersten Außenstellen. Unterstützt wurde die Arbeit von einem Aufbaustab aus abgeordneten Mitarbeitern aus dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern. Schnell wuchs der Mitarbeiterstab an, um die vielfältigen Aufgaben zu erledigen.

Auf der Grundlage einer vorläufigen Benutzerordnung vom Dezember 1990 wurden erste Auskünfte erteilt. Sie dienten der Wiedergutmachung und Rehabilitierung, der Überprüfung von Abgeordneten und Beschäftigten der öffentlichen Verwaltung sowie der Verfolgung von Straftaten. Auch der Forschungs- und Medienzugang wurde vereinzelt ermöglicht.

Am 29. Dezember 1991, zwei Jahre nach der Erstürmung der ersten Stasi-Zentralen in der DDR, trat das Stasi-Unterlagen-Gesetz in Kraft. Aus dem "Sonderbeauftragten" wurde damit der erste "Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR" (BStU). Am 2. Januar 1992 nahmen die ersten Bürgerinnen und Bürger Einsicht in die Unterlagen, die von der Stasi zu ihnen angelegt wurden.

Großes Interesse an der Hinterlassenschaft der Stasi

Bis Mitte der 90er Jahre wuchs die Zahl der Belegschaft des Stasi-Unterlagen-Archivs auf den Höchststand von knapp 3.200 Beschäftigten, die in 13 Außenstellen und Berlin arbeiteten. Die ersten Jahre waren geprägt von einer enorm starken Nachfrage nach Akteneinsicht, einer großen Menge von Anträgen auf Überprüfung und Auskunft sowie intensiver Erschließungsarbeit im Archiv. Im ersten Jahr der Akteneinsicht 1992 gingen über 520.000 Anträge zur persönlichen Akteneinsicht ein, 2004 waren es insgesamt über 2,2 Millionen Anträge, bis 2015 über 3 Millionen.

Nach der ersten Hochphase nahm die Zahl der Beschäftigten stetig ab, vor allem durch das Erreichen des Rentenalters der Mitarbeiter und den von Beginn an geplanten Wegfall von Stellen. Ende 2019 arbeiteten 1.354 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beim Stasi-Unterlagen-Archiv in Berlin und den mittlerweile 12 Außenstellen. Im Jahr 2019 wurden knapp 57.000 Anträge auf Akteneinsicht von Bürgern gezählt.

Das Stasi-Unterlagen-Archiv im Bundesarchiv

Am 19. November 2020 beschloss der Deutsche Bundestag den gesetzlichen Rahmen für den Übergang des Stasi-Unterlagen-Archivs in das Bundesarchiv. Diese Transformation wurde am 17. Juni 2021 vollzogen.
Das Stasi-Unterlagen-Gesetz (StUG) bleibt die rechtliche Basis des Aktenzugangs; im Bundesarchivgesetz wird auf das StUG verwiesen. Damit ist der Zugang zu den Stasi-Unterlagen weiterhin gewährleistet.

Die Bundesbeauftragten

Joachim Gauck, der das Amt des Bundesbeauftragten – zunächst als Sonderbeauftragter der Bundesregierung – seit 1990 bekleidet hatte, übergab die Dienstgeschäfte im Oktober 2000 an Marianne Birthler. Im März 2011 folgte ihr Roland Jahn, der sein Amt bis zum Übergang des Stasi-Unterlagen-Archivs in das Bundesarchiv im Juni 2021 ausübte. Alle Amtsinhaber wurden vom Deutschen Bundestag mit breiter Mehrheit für jeweils zwei Amtszeiten gewählt.

Roland Jahn, Marianne Birthler und Joachim Gauck nebeneinanderstehend

Vorbild für die Aufarbeitung des Wirkens einer Geheimpolizei

Der gesetzlich geregelte Zugang zu den Geheimpolizei-Akten einer Diktatur wie er im Stasi-Unterlagen-Gesetz festgelegt ist, wird inzwischen in vielen postdiktatorischen Gesellschaften der Welt als ein Vorbild gesehen. Das Gesetz stellt beispielhaft die Balance zwischen Transparenz in Bezug auf das Wirken einer Geheimpolizei und Schutz von Persönlichkeitsrechten der Betroffenen und Dritten her und ermöglicht so Aufklärung über Vergangenheit.

Im Dezember 2008 gründeten die staatlichen Aufarbeitungs-Institutionen aus der Tschechischen Republik, Bulgarien, Ungarn, Polen, Rumänien, Deutschland und der Slowakei in Berlin das "Europäische Netzwerk der für die Geheimpolizeiakten zuständigen Behörden".

Das Stasi-Unterlagen-Archiv ist aber nicht nur im osteuropäischen Raum zum Symbol für die rechtsstaatliche Aufarbeitung von Diktaturen und Diktatur-Folgen geworden. Zahlreiche Gäste aus dem arabischen Raum, Lateinamerika und Asien im Stasi-Unterlagen-Archiv zeugen ebenfalls von der Vorbildwirkung der Behörde.

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26. November 2019. Grußworte anlässlich des 20 jährigen Bestehens des Doping-Opfer-Hilfe Vereins

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