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Schauspieler Robert Brown steht bei den James-Bond-Dreharbeiten am Checkpoint Charlie neben einem Auto und spricht mit einer anderen Person

James Bond im Visier der Stasi

"Vergessen Sie nicht, 007. Sie sind jetzt ganz auf sich gestellt." Mit diesen Worten verabschiedet Geheimdienstchef M (gespielt von Robert Brown) im Film "Octopussy" den berühmtesten Agenten der Filmgeschichte, James Bond (Roger Moore). Der Dreh für diese Szene fand im August 1982 auf der westlichen Seite des Checkpoint Charlie statt. Im Rahmen eines routinemäßigen Auftrags, Dreharbeiten in Grenznähe zu dokumentieren, hielt die Stasi ihre Beobachtungen in einem Bericht fest.

Im Jahre 1982 war das Verhältnis zwischen Ost und West angespannt. Auf die sowjetische Aufrüstung und Stationierung von SS-20-Mittelstreckenraketen reagierten die Staaten des Nordatlantikvertrages am 12. Dezember 1979 mit der Unterzeichnung des NATO-Doppelbeschlusses. Er legitimierte die Aufstellung von atomaren Raketen in Westeuropa. Dieser fortwährende Rüstungswettlauf sorgte Anfang der 80er Jahre für eine angespannte Atmosphäre zwischen den beiden Machtblöcken.

In diese Zeit fielen die Arbeiten am neuesten, mittlerweile dreizehnten Film der James Bond-Reihe. Wie üblich reist der britische Geheimagent auch im Action-Thriller "James Bond 007 – Octopussy" um die ganze Welt: Neben Schauplätzen wie Indien, Südamerika oder London führt es 007 in diesem Film auch in das geteilte Berlin. Regisseur John Glen ließ die Szenen nicht etwa in einem Studio drehen, sondern vor Ort, direkt an der innerdeutschen Grenze.

Ausgerechnet am Checkpoint Charlie begannen am 10. August 1982 die ersten Dreharbeiten für "Octopussy". Der infolge des Mauerbaus im August 1961 von den West-Alliierten eingerichtete Grenzübergang zwischen Zimmerstraße und Kochstraße war ein Ort zahlreicher Fluchten aus Ost-Berlin gewesen. So hatte die für die Überwachung der Grenzübergangsstellen von Ost nach West zuständige Hauptabteilung (HA) VI des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) den Checkpoint Charlie stets im Visier.

Die Hauptabteilung (HA) VI war für Passkontrolle, Tourismus und Interhotels zuständig, worunter auch die Beobachtung der Grenzübergangsstellen zwischen Ost- und West-Berlin fielen. Die MfS-Mitarbeiter an den Kontrollstellen trugen die Uniformen der Grenztruppen und waren nicht als Stasi-Angehörige zu erkennen. Die Dokumentation des James Bond-Filmdrehs entstand im Rahmen eines routinemäßigen Auftrages, Dreharbeiten in Grenznähe zu beobachten und mögliche Vorfälle zu melden.

Das Filmteam erreichte den Checkpoint Charlie morgens um 07:30 Uhr. Die Stasi protokollierte infolgedessen minutengenau den Ablauf der Dreharbeiten. Dem MfS-Bericht zufolge erschienen in der Zeit von 07:30 Uhr bis 08:30 Uhr zwölf Fahrzeuge an der Grenzübergangsstelle Friedrich-/Zimmerstraße, aus denen "25 bis 30 Personen" stiegen. Laut Beobachtungsbericht begannen die ersten Männer die Kameras für den Dreh vorzubereiten, während andere Personen den Drehort mit Requisiten präparierten. Sie stellten "ein zweites Sektorenschild auf dem Fußweg in Höhe des Dienstgebäudes des Westzolls ca. 30 m hinter dem Originalschild auf". Von einer in der DDR akkreditierten Diplomatin, die an der Grenzübergangsstelle in die DDR einreisen wollte, erfuhr die Stasi schließlich, dass es sich bei den Arbeiten um Vorbereitungen zum Dreh eines James Bond-Films handelte.

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Die eigentlichen Filmaufnahmen fanden laut MfS-Protokoll von 09:34 Uhr bis 13:33 Uhr statt. Immer wieder beobachteten Stasi-Mitarbeiter wie ein mit drei männlichen Personen besetztes Fahrzeug vom "Typ Mercedes" von der Kochstraße kommend auf den Checkpoint Charlie zufuhr. Dort angekommen, verließ eine Person das Fahrzeug. Die MfS-Überwachungsfotos zeigen, dass es sich bei dem Mann um den Schauspieler Robert Brown handelte, der James Bonds Vorgesetzten und Geheimdienstchef M spielte. Die Stasi vermerkte zudem ein besonderes Vorkommnis in ihrem Bericht: "Beim Wenden verletzte das Fahrzeug viermal die Staatsgrenze um ca. 4 bis 5 Meter." Die Grenzsoldaten griffen aber nicht ein.

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Schließlich vermeldete die Stasi in ihrem Protokoll, dass der Dreh am Checkpoint Charlie um 13:33 Uhr endete. Sie resümierte, dass sich "keine Auswirkungen auf den grenzüberschreitenden Reiseverkehr" ergaben.

Insgesamt drehte die Filmcrew vier Tage in West-Berlin, u.a. auch am Kurfürstendamm oder in der Spandauer Altstadt. Die Szenen in "Octopussy" jedoch, die an einem Bahnhof in Karl-Marx-Stadt spielten, konnten nicht vor Ort gefilmt werden. Diese Dreharbeiten fanden in Peterborough im Vereinigten Königreich statt.